(von Michael Walter)
An einem frühen, sehr vernebelten Freitagmorgen machen sich, mit einigen Startschwierigkeiten neuen Mitglieder des DAV Buchen (Michael W., Daniela, Miriam, Andi M, Johannes, Volker, Michael S., Andi L., Verena) auf in Richtung Vent im Ötztal zur einer Hochtour. Die deutlich verbesserungswürdigen Wetteraussichten fürs Wochenende schrecken weder die Hochtour-Einsteiger noch die alten Hasen ab. In Vent treffen die neun noch auf Eva, Franzi und Philipp. Noch schnell das letzte Material verteilen (so eine Hochtourenausrüstung mit Pickel, Steigeisen und Co. hat ganz schön Gewicht) und regenfest anziehen (warum konnte sich die Wetter-App auch nicht täuschen?) und auf geht es hinauf zur Breslauer Hütte.
Vor der Hütte findet sich ein kleines Schneefeld. Dieses wird vor dem Abendessen von uns nochmal ordentlich durchpflügt: Die Neulinge dürfen ihre ersten Erfahrungen mit Steigeisen in Schnee und Seilschaft machen. In zwei Seilschaften aufgeteilt drehen wir fröhlich unsere Runden.
Am Samstagmorgen wollen wir die Wildspitze in Angriff nehmen. D.h. 5:00 Uhr Frühstück, 6:00 Uhr Abmarsch. Im Nebel und Nieselregen geht es an den Aufstieg. Kurz bevor es in den Schnee geht, ziehen wir unsere Gletscherausrüstung an. Gar nicht so einfach, wenn die Handgriffe noch nicht sitzen und die Kälte und der Wind einem völlig das Gefühl aus den Fingern raubt. Aber wir schaffen es schließlich alle. Und beim folgenden Aufstieg durch steilen Schnee wird uns dann auch irgendwann wieder warm. Einen Teil des Normalweges auf die Wildspitze ist mit Drahtseilen versehen. Aber die Schneerinne rechts vom Einstieg in die Drahtseil Passage ist doch auch verlockend und direkter. Also nix wie die steile Schneerinne hoch. Oben angekommen, stellt sich die Frage, wer will bei diesem eiskalten, nebligen, nassen Wetter wirklich auf die Wildspitze? Miriam und Verena entscheiden, dass es heute echt nicht sein muss. So trennt sich die Gruppe. Michael W. geht mit den beiden Mädels direkt Richtung Vernagthütte. Der Rest steigt in zwei Seilschaften die letzten „paar“ Höhenmeter auf zum Gipfel. Über eine herrliche Aussicht können sie sich an diesem Tag zwar nicht freuen, aber über das Gefühl „oben gewesen zu sein“ und über ein eiskaltes Gipfelbier. Der ein oder andere fragt sich wohl immer noch, ob er schon mal ein so kaltes Bier getrunken hat.
Michael W. kämpft sich währenddessen mit den Mädels durch reines „Weiß“. Im Schnee sind keine Spuren zu sehen. Wolken und Nebel versperren jede Sicht auf umliegende Berge, die ansatzweiße Orientierung böten. Michael W. bleibt also nix anderes übrig als mit Kompass und Karte zu „navigieren“. Die beiden Neulinge in seinem Schlepptau müssen dabei darauf achten, dass er nicht im Kreis läuft. Um zur Hütte zu kommen, müssen sie eine Steilstufe überwinden. Der erste Blick in die Tiefe ist ehr ernüchternd: glatter und nasser Fels. Irgendwie und irgendwann finden sie eine geeignete Stelle. Die ist zwar immer noch steil (gefühlt eigentlich quasi fast senkrecht), aber es liegt genug Schnee, dass der Abstieg erstaunlich einfach ist, fast wie Treppen gehen, nur dass man sich die Stufen erst selbst machen muss. Danach geht es noch ein bisschen über Gletscher und Moränen zur Hütte.
Am Abend kann es Micheal nicht lassen. Er hat an Felsen gegenüber der Hütte Klettermöglichkeiten gesehen. Mit Andi L. hat er einen Partner gefunden, der auch bei dem feuchten Wetter nicht vorm Klettern zurückschreckt. Zum Abendessen können sie sich dann gerade so vom Fels losreisen.
Die Wettervorhersage für den Sonntag sagt leider immer noch keine wirkliche Wetterbesserung vorher. Aber immerhin „am besten wird es noch im hinteren Ötztal“. Sind wir da nicht? Also planen wir den Fluchtkogel in Angriff zu nehmen. Als wir am Morgen aufbrechen ist es windig, es regnet und es ist kalt. So mancher einer fragt sich dabei schon mal: Was mach ich hier eigentlich?
Es geht wieder über den Vernagtgletscher und steil hoch zum Gepatschjoch. Wir entscheiden umzukehren, bei dem Wetter macht die folgende Gratkletterei keinen Sinn. Ein Stück weiter unten auf dem Gletscher trennt sich die Gruppe. Der eine Teil geht mit Michael W. in Richtung Hochvernagtspitze. Auch heute werden die Gipfelstürmer nicht mit Aussicht am Gipfel belohnt. Der andere Teil geht mit Philipp zurück Richtung Hütte. Auf dem Weg zur Hütte wird allerdings noch ein Zwischenstopp in steilem Gelände eingelegt. Jeder darf mal eine Eisschraub ins Eis drehen. Dann haben wir aber genug gefroren und es geht auf direktem Weg zur Hütte.
Nachdem sich alle trocken und warm angezogen haben, gibt Phillip einen Crashkurs in Spaltenbergung: T-Anker bauen, Lose Rolle, Flaschenzug, Selbstrettung. Als Gletscherspalt dient uns dabei die Lücke zwischen zwei Tischen. Für uns Neulinge sehr interessant und informativ. Wir hoffen aber alle, dass wir nie in eine Situation kommen, in der wir das wirklich brauchen.
Nachdem auch die Gruppe von der Hochvernagtspitze zurück ist, stellt Michael W. fest, dass er noch nicht ausgelastet ist. Aber war da nicht noch ein Gipfel, den man besteigen könnte? Mit Andi L. hat er wieder einen willigen Partner für die Hintergraslspitze gefunden. Zum Abendessen sind die beiden dann auch wieder fast pünktlich zurück.
Wir können es nicht glauben, aber für den Montag ist tatsächlich schönes Wetter vorhergesagt. Dann könnte man ja nochmal eine Tour starten bevor wir absteigen!? Der eine Teil der Gruppe entschließt sich Michael W. und Andi L.‘s „Abendspaziergang“ zu machen. Der Rest wird nochmal die Fluchtkogel-Überschreitung angehen.
Tatsächlich ist am Montagmorgen strahlender Sonnenschein. Also los geht’s Richtung Gipfel! Wir steigen wieder über den Vernagtgletscher zum Gepatschjoch. Dieses Mal hört man, wenn jemand das Joch erreicht, kann sich doch keiner ein „Wow“ auf Grund des grandiosen Ausblicks verkneifen. Das Ziel ist am Joch aber noch nicht erreicht. Es geht nun kletternd weiter über den Nordgrat in Richtung Gipfel. Immer wieder ist der Fels auch durch Schneefelder durchbrochen. Dort sind Steigeisen hilfreich, am Fels ehr hinderlich, an und ausziehen kostet Zeit… Egal. Wir schaffen es alle zum Gipfel und werden mit einem unglaubliche Ausblick in die umliegende Bergwelt belohnt. Und das ganze bei strahlendem Sonnenschein. Was will man mehr?
Beim Abstieg über den Guslarferner braucht eine unsere beiden Seilschaften etwas länger. Das gibt der schnelleren die Möglichkeit noch das Bauen eines T-Ankers zu üben. Erstaunlich was ein eingegrabener Eispickel alles an Gewicht aushält!
Nun geht es aber auf direktem Weg zur Vernagthütte. Dort wird noch einmal kurz auf der Terrasse Kraft getankt und das zwischengelagerte Gepäck im Rucksack verstaut. Dann geht es an den Abstieg nach Vent. Im Gasthof Rofen treffen wir auch wieder auf den Teil der Gruppe, der auf der Hintergraslspitze war. Nach einem gemeinsamen Abschluss geht es weiter Richtung Vent und von dort zurück mit den Autos zurück in die Heimat.
Vielen Dank an Michael W. und Philipp fürs Organisieren der Tour und fürs heil Hoch- und wieder Runterbringen. Vielen Dank an die komplette Gruppe für die vier großartigen Tage und dass wir trotz suboptimalen Wetter jede Menge Spaß hatten!