in der Ortlergruppe Juni 2023

Galerie am Ende des Berichts!

Tag 1: Anreise mit Bus nach Sulden und Aufstieg zur Hütte Rifugio Gianni Casati al Cevedale

Autor: Armin Kraus

Wir trafen uns morgens um 3:45 in Osterburken auf dem Parkplatz. Michaels Bus wurde vollgeladen und schon konnte es losgehen. Da es noch früh am Morgen war, machten die meisten im Auto erst einmal die Augen zu. Wir fuhren die A81 nach Süden um dann bei Stuttgart auf die A8 zu kommen. Über die A7 ging es weiter in Richtung Alpen. Nach einer Frühstückspause bei Bichlbach geht es über den Fernpass weiter in Richtung Imst. Zwischendurch hatte man auch viel Zeit sich Gedanken über die bevorstehende Tour zu machen. Die Sonne schien stark. Somit war eins klar, dass wir am 1. Tag sicher nicht nass werden. Ich dachte an die 1300 Höhenmeter die ich mit vollem Rucksack und Steigeisen noch nie vorher so viel gelaufen bin und freute mich schon auf den Schnee und den Gletscher.
Über den Reschenpass ging es dann nach Sulden. Kurz vor Sulden sah Michael der hinten saßs, einige gut besuchte Eis-Cafes. Aber Philipp, der fuhr hörte dies nicht, und als er es mitbekam, kam keines mehr. So mussten wir ohne Eis auf den Parkplatz fahren.
Es wurden noch ein paar Ausrüstungsgegenstände verteilt und schon ging es um kurz vor 12:00 los.
Zuerst durch schön dicht bewachsenen Wald, dann wurden die Bäume immer kleiner, bis wir dann das erste Mal Rast machten an der Schaubachhütte auf 2581m. Hier gabs nicht mal Sträucher, sondern nur kurzes Gras. Nach unten hatte man einen super Blick ins Grüne Tal und nach oben sah man schon, dass es wenige Meter später auch kein Gras mehr gab und der Weg hörte kurz danach auch auf. Der Weg über das Geröll war relative kurz und der Schnee fing an. Jetzt wurden die Steigeisen ausgepackt und 2 Seilschaften gebildet. 1: Philipp, Franzi, Andreas, Tobias 2: Michael, Volker & Armin
Wir stiegen immer höher zwischen zwei Bergen hoch. Zwischendurch sah man Gletscherspalten.
Als wir dann auf einen Grad kamen ging es auf der anderen Seite steil Bergab. Michael erklärte uns wie wir jetzt hinuntergehen. Es war wunderschön und es machte endlich mal riesig Spaß nach der Tortur hier hoch. Teilweise brach man bis zum Bauch in den Schnee ein. Schon bald erblickte man die Hütte auf 3269m. Für mich persönlich war die Tour sehr anstrengend und ich war dann froh als wir in der Hütte angekommen sind.

Tag 2: Monte Cevedale und Training T-Anker, Spaltenbergung, sowie Geh- und Falltechniken

Autor: Andreas Lauer

Nach einem harten Aufstiegstag, beschlossen wir den Monte Cevedale etwas ruhiger anzugehen und frühstückten zur normalen Frühstückszeit der Casati Hütte, um 6.30 Uhr. Dann ging es um ca. 7.30 los Richtung Monte Cevedale, zu dieser Zeit waren geschätzt 150 oder 200 Bergsteiger auf dem Weg zum selben Ziel. Viele davon überholten wir; nichtsdestotrotz hielten wir dann im Gletscher an, um uns die Lage genau anzuschauen und trafen letztendlich die Entscheidung nicht wie alle andern direkt auf den Gipfel zu gehen, sondern nach Osten einzuschlagen über den Nordgrat zur Zufallsspitze und dann von dort den Gipfel anzugehen. Dieser Nordgrat bot abwechslungsreiche Kletterei und wir erreichten ohne größere Schwierigkeiten die Zufallsspitze, wo wir unter uns pausieren konnten. Keine andere der 60-70 Seilschaften ging diesen Weg und so konnten wir das Gewusel von weitem begutachten. Wir fanden ein gemütliches Plätzchen an der Sonne und ohne Wind. Als wir sahen, dass es auf dem Monte Cevedale weniger wurde, packten wir unsere Sachen zusammen und zogen los. Zwischen der Zufallsspitze und dem Monte Cevedale fanden wir ein blankes Eisfeld, welches wir nutzten, um Gehtechniken und den Umgang mit Eisschrauben zu üben. Diesen Abschnitt gingen wir sehr ruhig an, so dass wir wohl gegen 11 am Gipfel des Monte Cevedale an, den wir für uns allein hatten. Wir blieben nicht allzu lange, da es sehr windig war und stiegen dann ab zur Casati Hütte, wo uns Armin erwartete. Der Großteil der Gruppe gönnte sich Kaffee und Kuchen. Danach trafen wir uns alle wieder an einem etwas steileren Teil des Gletscherfeldes, um verschiedene Übungen zu machen. Auf dem Weg zur Stelle, wo wir üben wollten, an einem sehr sehr sehr steilen Abhang, behauptete plötzlich Michael, dass man selbst sowas problemlos runterfallen und ausbremsen könnte. Niemand glaubte dies, wir liefen weiter und wenige Sekunden später sprang er die gefühlt senkrechte Schneewand hinab und lies die Gruppe mit sehr offenen Mündern zurück. Es ging alles gut und danach übten wir alle verschiedene Abrutschsituationen: auf dem Bauch, auf dem Rücken, bäuchlings und Kopf voraus und letztendlich auch auf dem Rücken mit Kopf Richtung Tal mit und ohne Steigeisen. Und diese Übungen sollten sich im Nachhinein als sehr hilfreich erweisen, denn wissend, dass man einen solchen Sturz gut abbremsen kann, lässt einen wesentlich ruhiger in entsprechendem Gelände gehen. Danach bauten wir noch T-Anker, zuerst mit den Pickeln, dann noch mit einem Stein und versuchten sie herauszureißen, was selbst zu dritt oder zu viert unmöglich war. Zu guter Letzt übten wir noch die Spaltenbergung, was wir schon wenige Wochen vorher in Miltenberg im Steinbruch praktiziert hatten, nun aber unter realeren Bedingungen. Zuerst stürzte sich Franzi einen ziemlich steilen Hang hinab, danach Volker. Die Seilschaften konnten die beiden problemlos bergen. Auch dies gibt einerseits den Teilnehmern des Kurses, andererseits auch den Verantwortlichen, mehr Sicherheit, da man sich in Extremsituationen aufeinander verlassen kann und jeder weiß was zu tun ist. Die Übung nahm den ganzen Nachmittag in Anspruch; abends aßen wir gemeinsam zu Abend und gingen sehr früh ins Bett, da ein Teil der Gruppe am nächsten Morgen um 3.30 Uhr aufstehen wird, um die Königsspitze zu erklimmen.

Tag 3: Gran Zebrù (Königsspitze)

Autor: Tobias Steinbach

Am frühen Montagmorgen brach ein Teil unserer Gruppe zu einer aufregenden Hochtour auf die Königsspitze auf. Die Teilnehmer – Michael, Philipp, Andreas (auch bekannt als Tenzing) und Tobias – waren alle voller Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer. Schon um 3:30 Uhr war der Wecker gnadenlos, aber die aufgeregte Stimmung überwog die Müdigkeit. Ein stärkendes Thermofrühstück um 4:30 Uhr sollte die nötige Energie für den bevorstehenden Aufstieg liefern.

Der Ausgangspunkt der Tour war die Casati-Hütte. Nach einer kurzen Orientierungsphase („Wo müssen wir eigentlich hin?“) am Anfang des Weges führte ein kleiner Anstieg von der Hütte zu einer erhöhten Position, von der aus der Blick auf den bevorstehenden Anstieg zur Königsspitze freigegeben wurde. Schon jetzt wurde klar, dass wir nicht alleine unterwegs sein werden – die Lichter anderer Stirnlampen waren auf dem Weg zum Gipfel deutlich sichtbar.

Der Weg führte aber zunächst hinab, ein Abstieg von etwa 500 Höhenmetern zur Talstation des Versorgungslifts. Von hier aus begann das Überqueren eines Schneefeldes, das dem Unterfangen eine zusätzliche Herausforderung verlieh, da der lockere Schnee unter den Füßen nachgab und das Fortkommen verlangsamte.

Nach Überwindung des Schneefeldes begann der eigentliche Aufstieg zum Gipfel. Eine steile Rinne führte zur ersten Schulter, gefolgt von einem bis zu 40°-steilen Gipfelhang. Der Aufstieg in den schneebedeckten Flanken zur oberen Schulter erforderte außerordentliche Anstrengungen, da die Bergsteiger mit ihren Steigeisen Stufen in den Schnee „schlagen“ mussten, um voranzukommen. Fast oben angekommen führte uns ein Grat schließlich, mit einem beeindruckenden Blick in die Nordwand, zur Spitze auf 3851m.

Während des Aufstiegs wechselten sich immer wieder Wolken, Nebel und Sonne ab und beeinträchtigten so die Sicht auf die Umgebung. Dennoch hatte die Gruppe das Glück, auf dem Gipfel einen klaren Moment zu erleben und einen atemberaubenden Panoramablick über die Landschaft zu erhaschen. Die Anstrengungen des Aufstiegs wurden durch dieses majestätische Schauspiel belohnt.

Nach einer kurzen, windgeschützten Pause knapp unterhalb des Gipfels machte sich die Gruppe bereit für den Abstieg, der auf dem gleichen Weg erfolgte wie der Aufstieg. Auf dem Weg zurück zur Casati-Hütte entschied die Gruppe, einen Umweg über die Pizzini-Hütte zu machen, um sich für den bevorstehenden Aufstieg zur Casati-Hütte zu stärken. Dort ließen sie sich mit einem erfrischenden Aperol und einer herzhaften Portion Pasta verwöhnen. Gestärkt und stolz auf erfolgreiche Besteigung, machten wir uns schließlich bei sengender Mittagssonne auf den Weg zurück zur Casati-Hütte, wo unsere Freunde schon auf uns warteten.

Während unserer anspruchsvollen Hochtour wurde uns schlagartig bewusst, wie gefährlich das Bergsteigen sein kann. Diese Erkenntnis kam nicht abstrakt, sondern durch hautnahe Erfahrung: Wir wurden Zeugen einer Rettungsaktion. Dieses Ereignis verdeutlichte uns die Bedeutung einer gesunden Selbsteinschätzung und des nötigen Wissens. Es reicht nicht aus, nur den Reiz der Höhe zu suchen, sondern erfordert auch eine realistische Einschätzung unserer Fähigkeiten und Grenzen. Die Ereignisse erinnerten uns daran, wie unerlässlich es ist, stets gut vorbereitet zu sein, sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen und die notwendige Ausrüstung sowie Techniken zu beherrschen. Die Berge mögen atemberaubend sein, doch sie verlangen Respekt und Vorsicht, um sicher genießbar zu sein.

Tag 4: Von Casati – Hütte über Suldenspitze und Schrötterhorn zur Hintergrathütte

Autor: Andi Lauer

Nach drei Nächten auf der Casati – Hütte ging es heute zur Hintergrathütte. Dafür hätte man den Normalweg ins Suldental absteigen und dann in den Gletscherweg einbiegen können, was aber eine weniger interessante Lösung zu sein schien Die gesamte Gruppe beschloss gemeinsam eine Alternative zu wählen. So stiegen wir nach einem gemütlichen Frühstück zunächst zur Suldenspitze auf. Von dort aus ging es über einen kaum begangenen Grat zum Schrötterhorn, wo wir auch schon einige Kletterpassagen überwinden mussten und von diesem ging es querfeldein durch Eis, Schnee und Stein hinab ins Gletschergebiet, was sicherlich eine wenig oder gar nicht begangene Route darstellte. Bei dieser Gelegenheit konnten wir die vorgestern erprobten Fallkenntnisse in die Tat umsetzen, denn es ging ziemlich steil ab, was dem ein oder anderen große Probleme bereitete und zu Rutschpartien von über 100hm führte. Was zunächst sehr witzig begann erschreckte dann doch nach einigen Sekunden, da das Bremsen aufgrund der Schneebedingungen doch nicht so gut funktionierte. Nichtsdestotrotz kamen alle unversehrt im Gletscherbereich an, wo wir dann anseilten um diesen zu durchqueren. Am Ende dessen kamen wir auf ein unendlich scheinendes Schotterfeld, welches es zu durchkreuzen galt. Nach einer kurzen Pause gingen wir diesen unschönen Teil der Tour an und machten und auf zur Hintergrathütte, wo wir am frühen Nachmittag ankamen. Während die Gruppe Kaffee und Kuchen zu sich nahm, badete ich mich im nahegelegenen See, was sehr erfrischend war. Danach besprachen wir das weitere Vorgehen für die letzten Tage. Nach zwei Runden „Mensch – ärgere – dich – nicht“ und einem tollen Abendessen, legten wir uns sehr früh schlafen, da es am folgenden Tag über den Hintergrat zum Ortler gehen sollte und wir daher gegen 3.15 Uhr aufstanden.

Tag 5: Ortler-Überschreitung via Hintergrat und Abstieg über Normalweg bis zur Tabarettahütte

Autorin: Franziska Walter

Punkt 3:30 Uhr gibt es für Michael, Philipp, Volker, Andi und Franzi Frühstück, wir lassen allen anderen Gipfelaspiranten den Vortritt und marschieren als letzte Seilschaft (zwar mit 2 Seilen im Gepäck, aber zunächst ohne Seil) mit angeknipsten Stirnlampen über zunächst flaches Wiesengelände los. Das Gelände geht schon sehr bald in riesige Schuttfelder über, es ist sehr steil und der Untergrund sehr lose, vereinzelt sieht man Steinmännchen und die vorausgegangenen – meist durch Bergführer geführte – Truppen. Vom Oberen Knott (breiter Firnrücken), wo bereits der Wind ordentlich bläst, uns aber auch kurzzeitig eine tolle Aussicht ins Tal gegönnt ist, steigen wir ca. noch 200 Höhenmeter Richtung Signalkopf (3725m) auf, welchen man links leicht absteigend umklettert und dann über ein sehr ausgesetztes Band wieder zum Grat zurück quert. Von der Aufstiegsseite sieht der Signalkopf (oder das, was wir von ihm, bei dieser Aussicht sehen konnten) total unspektakulär aus, aber ist man erst mal daran vorbeigeklettert, verschlägts einem beim Blick zurück schier die Sprache – so atemberaubend steht diese Nadel auf dem ohnehin schon ausgesetzten Gratabschnitt. Wäre es nicht so eisig kalt, würde der Wind nicht so sehr blasen, dass man meint man wird bald vom Grat gepustet, hätte man sicher mal den Foto gezückt um ein paar beeindruckende Bilder zu schießen. Ein paar Meter weiter geht’s nun los: die Schlüsselstelle! Diese ist ca. 4m hoch und mit IV bewertet. Die Stelle ist sehr unangenehm, da der Fels in Richtung Abgrund drückt und die wenigen Griffe/Tritte, die vorhanden sind, klein und abgespeckt sind, da tut man sich mit den Bergschuhen schon etwas schwerer. Ist die Stelle überwunden, quert man weiter den Grat und weicht kurz auf die rechte Seite aus. Danach gelangt man an das steile Firnfeld (ca. 35-40°), das zum Gipfelaufbau führt. Der Trittfirn ist so fest und gespurt, dass wir selbst hier nicht die Steigeisen anziehen. Es folgt eine weitere III/IV Stelle (bei welcher ein Flugobjekt Tube an mir vorbeisaust) und ein paar Stellen, die kräftiges Zupacken verlangen – und schon steht man bibbernd und um Jahre gealtert um 9:40 Uhr am Gipfel des Ortlers (3905m). Ein schnelles Gipfelselfie und nichts wie los zum Abstieg, da möchte manch einer nicht mal sein Trikot gegen sein weißes Paterhemd tauschen. Diese Tour ist keinesfalls am Gipfel zu Ende! Wir gehen zunächst über den Oberen Ortler Ferner. Danach warten Felspassagen mit schmalen Gratabschnitten und teils drahtseilversicherten Passagen, viele Stellen im II. und III. Schwierigkeitsgrad, die abgeklettert werden müssen. Den Kopf kann man auf diesem Abstieg definitiv nicht ausschalten, wir bleiben konzentriert. Auch so ein Normalweg kann sich ganz schön ziehen … bei der Payerhütte haben wir uns dann aber eine gemütliche Pause verdient, da die Gipfelrast – aufgrund der Wetterlage – ausfallen musste. Der anschließende weitere Abstieg bis zur Tabarettahütte wird dem Namen „Normalweg“ gerecht. Dort werden wir als einzigste Übernachtungsgäste regelrecht verwöhnt.

Tag 6: Abstieg nach Sulden und Heimfahrt in den Odenwald

Autorin: Franziska Walter

Nach einem reichhaltigen Frühstück steigen wir nach Sulden ab. Für mich persönlich beginnt nun der schwierigste Part der Tour, zum einen, die Berge hinter sich zu lassen und zum anderen, bei gefühlten 50°C Temperaturunterschied zum Vortag im Auto zu saunieren. Da wäre mir so ein Einsatz der 7 Zwerge bei Aufräumarbeiten in Finstermünz sehr gelegen gekommen.